Unser Blog

Fakten & Mythen zur Gesundheit

Der Fußaufsatz beim Joggen – Gibt es die eine „richtige Technik“?

Seit vielen Jahren zählt das Joggen weltweit zu einer der beliebtesten Sportarten. In Europa sind schätzungsweise 36% der Bevölkerung Freizeitläufer. Allein in Deutschland erfreuen sich knapp 18 Millionen Jogger*innen regelmäßig an der Bewegung in der freien Natur. Obwohl Joggen als simple Aktivität gilt, beinhaltet es dennoch die komplexe Integration von Bewegungen in allen Gelenken und Körpersegmenten. Neben den zahlreichen und gut belegten Vorteilen des Dauerlaufens auf die allgemeine Gesundheit und die körperliche Leistungsfähigkeit, klagen viele Läufer jedoch immer wieder über Verletzungen.

Die Ursachen für laufbedingte Verletzungen sind dabei multifaktoriell. Einige Studien haben sich dahingehend speziell dem Einfluss des Fußaufsatzes – wie der Fuß beim Laufen auf den Boden aufsetzt – sowie der Rolle des Laufschuhs gewidmet. Diese beiden Faktoren wollen wir uns genauer ansehen und klären, ob es den einen „richtigen“ Fußaufsatz beim Joggen gibt.

Welche Varianten des Fußaufsatzes gibt es?

Grundsätzlich wird beim Joggen zwischen drei Fußaufsatz-Arten unterschieden:

  • Fersenlauf: Der erste Kontakt zum Boden erfolgt über die Ferse oder den hinteren Teil des Fußes.
  • Mittelfußlauf: Der gesamte Fuß setzt auf dem Boden auf, der hintere und vordere Teil des Fußes berühren ungefähr gleichzeitig den Boden.
  • Vorfußlauf: Der Ballen bzw. der vordere Teil des Fußes berührt zuerst den Boden.

Welcher Fußaufsatz ist beim Joggen am besten?

Auf diese Frage lässt sich schon mal vorneweg sagen: Den einen „richtigen Fußaufsatz“ beim Joggen gibt es nicht. Jeder Mensch läuft etwas anders und jeder Laufstil hat seine Vor- und Nachteile. Denn, wie wir laufen hat immer etwas mit der individuellen Körperstatik, aber auch mit der Beweglichkeit und Koordination zu tun.

Der Fersenlauf ist der mit Abstand weitverbreitetste Laufstil und kann gerade bei langen Strecken eine gute Wahl sein. Er ist technisch einfach, da er ähnlich zur normalen Gehbewegung ist und nur geringe Krafteigenschaften erfordert. Die Technik geht jedoch mit einer stärkeren Belastung der Schienbeinmuskulatur, der ischiocruralen Muskulatur (Oberschenkelrückseite) und der Knie einher und ist daher im Normalfall nur in Zusammenhang mit gedämpften Schuhen länger zu bewältigen. 

Der Vorfußlauf hingegen kann bei Sprints sowie kürzeren Strecken für ein höheres Tempo sorgen und wird eher von schnelleren Läufern angewandt. Sowohl in der Landephase als auch bei der Abdruckbewegung wirken erhebliche Zugkräfte auf die Waden sowie den Ansatz am Fersenbein. Dadurch werden die Wadenmuskulatur und die Achillessehne bei dieser Technik stärker belastet, wobei die Belastung der Knie geringer ist. 

Der Mittelfußlauf stellt eine Kompromisslösung zwischen den beiden Techniken dar. Die Vor- und Nachteile setzten sich daher aus den abgeschwächten Vor- und Nachteilen des Vorfußlaufes und Fersenlaufes zusammen. Durch den flachen Fußaufsatz bei dieser Technik verteilt sich der Druck gleichmäßig und die körpereigenen Dämpfungssysteme (Muskulatur) werden optimal genutzt. Daher ist der Mittelfußlauf der beste Kompromiss beim Langenstreckenlauf.

Wie laufen die Top-Athleten?

Bei Top-Athleten ist vor allem die Art der Disziplin entscheidend für den Fußaufsatz beim Joggen bzw. Laufen. Schnelle Sprinter und Mittelstreckenläufer sind meist Vorfußläufer, während Langstreckenläufer am häufigsten über die Ferse abrollen.
Bei einer Untersuchung von Hasegawa et al. konnte bei einem Halbmarathon anhand von Hochgeschwindigkeitskameras die Fußaufsatztechnik von Spitzenläufern analysiert werden. Dabei kam man zu dem Ergebnis, dass 62% der fünfzig bestplatzierten Athleten die Strecke am 15-Kilometer-Punkt über den Fersenlauf bestritten. Dahingegen verwendeten 36% der Läufer den Mittelfuß- und 2% den Vorfußlauf.
Dies zeigt auf, dass auch auf höchstem Niveau der Fersenlauf dominiert. Dementsprechend sind auch die meisten Laufschuhe für diesen Laufstil konstruiert.

Welche Rolle spielt der Laufschuh?

In der Debatte um laufbedingte Verletzungen nimmt der Laufschuh schon lange eine zentrale Rolle ein. Laufschuhe verändern das physiologische Geschehen beim Joggen und somit auch die Statik des gesamten Körpers. Für den optimalen Fußaufsatz beim Joggen sind die richtigen Laufschuhe dementsprechend auch entscheidend.
Obwohl ständige Innovationen wie z. B. neue Dämpfungssysteme oder Pronationselemente auf den Markt kommen, konnte in den letzten 40 Jahren keine Reduktion der Verletzungszahlen verzeichnet werden. Manche Forscher propagieren daher einen Paradigmenwechsel weg von starker Dämpfung und korrigierenden Schuhelementen, hin zu einem „natürlichen“ und selbstgewählten Bewegungsmuster.
Um ein solches Bewegungsmuster zu üben, bietet sich gerade bei wärmeren Temperaturen das Barfußlaufen auf einer gepflegteren Rasenfläche an. Hintergrund ist, dass dadurch unbewusst die Vorfußlauf-Technik praktiziert und die Fuß- und Unterschenkelmuskulatur auf eine natürliche Arte und Weise trainiert wird.

Und nun?

Alles in allem lässt sich sagen, dass Zusammenhänge zwischen Fußaufsätzen beim Joggen und laufassoziierten Überlastungsverletzungen trotz großer wissenschaftlicher Anstrengungen bisher überwiegend unklar geblieben sind.
Auch wenn es heute Laufsandalen und Barfußschuhe gibt, ist davon abzuraten den jahrelang ausgeübten Laufstil kurzerhand umzustellen. Denn eine zu schnelle und unkontrollierte Umstellung kann zu Überlastungen führen. Nicht jede*r Läufer*in ist grundsätzlich für jeden Laufstil geeignet. So stellt das Erlernen einer neuen Lauftechnik ein größeres, nicht zu unterschätzendes Projekt dar und geht mit einem umfangreichen Techniktraining einher. Wichtig ist, seinen Laufstil zu kennen und nicht zu versuchen, diesen krampfhaft umzustellen, sondern beizubehalten und bestmöglich zu optimieren.

Daher scheint ein ausgewogenes und variables Training (inklusive Lauf-ABC sowie Kräftigungs- und Dehnübungen) immer noch die beste Methode zur Vermeidung von Verletzungen zu sein, da dies die Haltung beim Laufen verbessert und eine gestärkte Muskulatur vor Überlastungsschäden schützen kann.

Der perfekte Fußaufsatz beim Joggen ist individuell

Aus medizinischer Sicht gibt es nach aktuellem Wissensstand keinen zu favorisierenden Fußaufsatz beim Joggen. Wer bisher den Fersenlauf praktiziert hat, kann dies auch weiterhin tun. Ein gezieltes und variantenreiches Training stellt die beste Verletzungsprophylaxe dar und ist einer Laufstil-Umstellung vorzuziehen. Ein Barfußtraining kann dabei eine gute Ergänzung bieten. Die Füße werden zeitweilig vom gedämpften und stabilisierenden Laufschuh befreit und ein natürlicherer Laufstil wird gefördert.

Psst! Wer einfach nur Joggen möchte, ohne auf der Jagd nach einer neuen Bestzeit zu sein, kann gewiss auch einfach nur laufen und die Lauftechnik Lauftechnik sein lassen. Denn nach dem bekannten Motto „weniger ist mehr“, wollen wir schließlich alle einfach nur laufen und Spaß haben! 

 

Quellen:

Aderhold, L., Weigelt, S. (2018). Laufen! Vom Einsteiger bis zum Ultraläufer. 2. Aufl. München: Elsevier.

Hasegawa H, Yamauchi T, Kraemer WJ. (2007). Foot strike patterns of runners at the 15-km point during an elite-level half marathon. J Strength Cond Res. 21(3):888-93. doi: 10.1519/R-22096.1. PMID: 17685722

Hoenig T, Rolvien T, Hollander K. (2020). Footstrike patterns in runners: concepts, classifications, techniques, and implications for running-related injuries. Dtsch Z Sportmed. 71: 55-61.

Hollander K. (2020). Biomechanik des Laufens – Implikationen für laufbedingte Verletzungen und zukünftige Forschungsfelder. Dtsch Z Sportmed. 71: 53-54. doi:10.5960/dzsm.2019.411

Nigg, B.M., Baltich, J., Hoezer, S., Endders, H. (2015). Running shoes and running injuries: mythbusting and a proposal for two new paradigms: ‘preferred movement path’ and ‘comfortfilter’. Br J Sports Med. 49: 1290-1294.

Xu, Y., Yuan, P., Wang, R., Wang, D., Liu, J., Zhou, H. (2021). Effects of Foot Strike Techniques on Running Biomechanics: A Systematic Review and Meta-analysis. Sports Health. 13(1):71-77. doi:10.1177/1941738120934715