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Die Leistungskurve im Tagesverlauf – Wann bin ich am produktivsten?

Dürfen wir Schulkindern bereits morgens um acht Uhr eine Klassenarbeit zumuten? Arbeiten wir mit einem Gleitzeitsystem, Vertrauensarbeitszeit oder festen Arbeitszeiten – vielleicht sogar im Schichtbetrieb? Wie gehen wir mit sogenannten „Lerchen“ (Frühaufstehenden) und wie mit „Eulen“ (Langschlafenden) um? Viel wird über solche Fragen gesprochen, geschrieben und – auch in der Wissenschaft – gestritten. Dahinter stehen zwei simple Fragen: Wann ist der Mensch eigentlich produktiv? Und wie können wir darauf Einfluss nehmen?

In Psychologie und Medizin spricht man von zirkadianen, also tageszeitabhängigen, Rhythmen, die sowohl hormonell als auch durch die „Macht der Gewohnheit“ unseren Schlaf-Wach-Wechsel steuern. Einfluss darauf nehmen zusätzlich exogene (äußere) und endogene (innere) Faktoren wie beispielsweise Stresserleben, Ernährung oder Tageslicht. Die Produktivität und Konzentrationsfähigkeit der Deutschen verlaufen im Mittel wie oben in der Abbildung gezeigt.


Vormittags und nachmittags schaffen wir am meisten

Zwei Produktivitäts-Peaks und das altbekannte Mittagstief. Wer gut auf sich achtet und den eigenen Arbeitsalltag relativ frei gestalten kann, hat die Implikationen daraus schnell erkannt: Präzise Aufgaben, die viel Konzentration erfordern, fallen den meisten ab etwa acht Uhr am leichtesten. Soziale, kreative und freie Tätigkeiten ermöglichen eine sanfte Rückkehr aus dem „Schnitzelkoma“ zurück in die Produktivität des Nachmittags.

Doch woher kommt der plötzliche Rückgang unserer Leistungsfähigkeit zur Mittagszeit? Ganz einfach: Das Kantinenessen oder hoch kalorische Lebensmittel verdauen sich nicht von allein! Der sogenannte Parasympathikus  – ein Teil unseres vegetativen Nervensystems und Gegenspieler zum Sympathikus – aktiviert zentrale Stoffwechsel- und Ruheprozesse mit der Nahrungsaufnahme. Unserem Hirn steht somit nicht nur weniger Sauerstoff, also Blut, zur Verfügung, sondern das gesamte Aktivierungsniveau des Körpers wird zur Regeneration des Organismus und dem Aufbau von Energiereserven gesenkt.


Leichte und gesunde Kost für mehr Energie

Um das Tief abzuwenden, muss jedoch niemand auf das Mittagessen verzichten.  Oft hilft es aber schon, leichte und leicht verdauliche Speisen in moderaten Mengen zu sich zu nehmen, anstelle des lockenden Döners oder dem Schnitzel mit Pommes. Ein weiterer Denkanstoß: Koffein wirkt im Körper etwa vier bis fünf Stunden. Wer pünktlich um acht Uhr seinen Morgenkaffee leert, den verlassen also pünktlich zum Mittagessen auch die geistigen Kräfte.

Bitte beachten Sie, dass die Visualisierung oben einen Durchschnitt zeigt! Schon lange ist der Wissenschaft und auch dem Volksmund bekannt, dass es starke Abweichungen von der hier gezeigten Kurve geben kann. Auch ist der Tagesverlauf unserer Produktivität über die Jahre hinweg nicht unbedingt konstant. Hätte ich diesen Text vor einigen Jahren vermutlich noch gegen zwei Uhr in der Nacht geschrieben, bin ich heute froh, um 16 Uhr Feierabend zu haben.


Übung: Eigene Leistungskurve im Tagesverlauf

Doch wo stehen Sie selbst? Zeichnen Sie Ihre eigene, individuelle Produktivitätskurve ein. Klicken Sie auf den Link, um das Arbeitsblatt zum Thema "Leistungskurve im Tagesverlauf" aufzurufen: 
 
» JETZT ARBEITSBLATT HERUNTERLADEN

Vielleicht ist Ihnen diese Übung ja ein Anlass, Ihren Arbeitsalltag neu zu strukturieren?

 
P.S.: Als kleine Anregung: Niemand ist gern unproduktiv bei der Arbeit. So schön der Job auch ist, so viel Spaß er auch macht – hier vergeudete Zeit fehlt später in der Freizeit mit Familie oder Freunden. Die Arbeitspsychologie weiß: Eine Führungskraft, die ihren Mitarbeitenden die Freiheit einräumt, den eigenen Arbeitsablauf eigenverantwortlich und gemäß der individuellen Produktivitätskurve zu gestalten, hat zufriedenere Mitarbeitende.
 
Quellen:
Östberg, O. (1973). Interindividual differences in circadian fatigue patterns of shift workers. Occupational and Environmental Medicine, 30(4), 341-351.
Van Dongen, H. P., & Dinges, D. F. (2000). Circadian rhythms in fatigue, alertness, and performance. Principles and practice of sleep medicine, 20, 391-399.
Michael, N., Johns, M., Owen, C., & Patterson, J. (2008). Effects of caffeine on alertness as measured by infrared reflectance oculography. Psychopharmacology, 200(2), 255-260.
Roky, R., Iraki, L., HajKhlifa, R., Ghazal, N. L., & Hakkou, F. (2000). Daytime alertness, mood, psychomotor performances, and oral temperature during Ramadan intermittent fasting. Annals of Nutrition and Metabolism, 44(3), 101-107.
Hackman JR, Oldham GR. (1980). Work redesign. Reading, MA: Addison-Wesley