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Fakten & Mythen zur Gesundheit

Twisted Thinking – Der Knoten im Hirn?

Denken wir an Stress, denken wir meist an äußere Faktoren: Zeitdruck, Konflikte, Hindernisse. Oft übersehen wir dabei, wie wir uns durch ungeschickte (in der Psychologie „maladaptive“) Denkmuster in der Regel selbst den größten Stress verursachen! Eigentlich liegt das nahe: Die meisten Stressmanagement-Trainings setzen bei uns selbst an, nicht aber bei der Situation oder bei anderen.

Der Arzt Dr. David Burns (1999) beschreibt anschaulich zehn typische Denkfehler, die er im therapeutischen Alltag immer wieder beobachtet. Der Schweizer Rolf Dobelli (2011) hat daran anknüpfend ähnliche Ideen im deutschsprachigen Raum maßgeblich öffentlichkeitswirksam vorangetrieben. Um den Rahmen hier nicht zu sprengen, möchten wir nachfolgend nur zwei eingängige Beispiele geben, wie uns unser eigenes Denken stressen kann:
 

Alles oder nichts

Aus einem kleinen Ausrutscher zaubert der Denkkünstler schnell mal eine handfeste Sinnkrise! „Verdammt, jetzt habe ich eine Trainingseinheit verpasst! Damit ist der ganze Trainingsplan hinüber. Besser, ich höre gleich auf, ich packe es ja doch nicht.“ Wir alle kennen diese oder ähnliche Gedanken. Merken Sie, wie der innere Perfektionist hier die Messlatte viel zu hoch hängt?
Eine von vielen möglichen Lösungen für diese Art des Denkens beginnt bei der Planung bzw. bei der Zielsetzung: Kalkulieren Sie Fehltritte ein und planen Sie konkrete Schritte für den Fall der Fälle.
Wenn es für Prävention jedoch schon zu spät ist, hilft der schonungslose Fokus auf das, was tatsächlich passiert ist: „Verdammt, jetzt habe ich eine Trainingseinheit verpasst. Das ist nicht gut, aber nicht das Ende der Welt. Ich sollte herausfinden, warum es heute nicht geklappt hat, damit ich in Zukunft meinen Plan einhalten kann.“
 

Das Sollte-Selbst

Wir alle haben Vorstellungen davon, wie wir uns verhalten sollten. „Ich sollte eigentlich nicht rauchen.“ „Ich sollte frühzeitig mit dem Projektbericht anfangen, damit ich nicht in Hektik gerate.“ „Ich sollte eigentlich keine Süßigkeiten essen.“ Die innere Stimme hetzt uns von Verbot zu Gebot zu Pflicht. Das hat vielfältige Stressreaktionen zur Folge:

  1. Genussverhinderung: Wer sich schuldig fühlt, kann nicht genießen. Bewusster Genuss im Sinne der Achtsamkeit ist aber ein maßgeblicher Resilienzfaktor!
  2. Rebellion: „Sollte“ impliziert eine Vorgabe von außen, es erinnert an mahnende Worte der Eltern und Lehrenden. Wie gut haben solche Regeln funktioniert, als Sie in der Pubertät waren? Und warum sollte das heute anders sein?
  3. Verantwortlichkeit: Das „Sollte-Selbst“ definiert sich stark über die Erwartungen unseres Umfeldes an uns. Mit diesem Denkmuster vermeiden wir also, selbst Verantwortung für unser Handeln und unsere Ziele zu übernehmen.

Das getriebene „Sollte-Selbst“ (manchmal auch engl. „ought-self“) besiegt, wer sich als aktiver Treiber seines Handelns und als Champion seiner Wünsche versteht. Statt „ich sollte“ heißt es „ich will!“. Das setzt voraus, dass wir uns intensiv mit unseren Zielen beschäftigen – und manchmal auch schlicht gnädig mit uns sind.

Viele, viele Seiten könnte dieses Thema noch füllen. Für dieses Mal beenden wir den heutigen Artikel daher mit einer ausdrücklichen Literaturempfehlung für die unten genannten Quellen. Wer vorerst nur eine schnelle Übersicht über die „10 froms of twisted thinking“ sucht, dem sei dieser Link nahegelegt: https://tinyurl.com/yc67ajpe


Quellen

- Burns, D. D. (1999). The feeling good handbook, Rev. Plume/Penguin Books.
- Dobelli, R. (2011). Die Kunst des klaren Denkens. München: Hanser.