Stimmt’s oder stimmt’s nichts: „Krafttraining muss weh tun.“?
Jeder hat es schon mal gehört: „No pain, no gain“. Dieser alt bekannte Spruch soll uns motivieren. Viele ambitionierte Fitnesssportler trainieren nach dem Motto „Ohne Schmerzen, kein Erfolg“ oder auch „Ohne Fleiß, kein Preis“. Doch ist es wirklich so, dass ein Training nur dann effektiv ist, wenn es auch Schmerzen bereitet?
Diese Frage kann leider nicht mit einem einfach „ja“ oder „nein“ abgetan werden. Denn geht es um den Muskelaufbau, verbirgt sich eine gewisse Wahrheit dahinter. Es ist notwendig einen gewissen Trainingsreiz zu setzen, um sich anzupassen. Das heißt, eine gewisse Reizschwelle muss überschritten werden, damit es zu einer Ermüdung der Muskulatur kommt und Anpassungsprozesse stattfinden. Der Körper muss entsprechend aus seiner Komfortzone (Homöostase) gebracht werden und dies ist nicht immer angenehm.
Auch Prof. Dr. Ingo Froböse von der Deutschen Sporthochschule Köln weiß: Muskeln müssen brennen, damit sie wachsen. Aber: „Brennen heißt noch lange nicht, dass es wehtut. Es ist das Gefühl, dass der Muskel energetisch wirklich müde ist und man keine Wiederholung mehr schafft. Schmerzen sind immer ein Warnsignal, bei dem man aufhören sollte.“
Schmerzen sind ein Warnsignal
Wichtig ist zu wissen, um welche Art von Schmerz es sich handelt. Wissenschaftler unterscheiden drei Schmerztypen:
- Warnschmerz: entsteht aus einer Überlastung heraus (z.B. Muskelkater)
- Alarmschmerz: im Alltag am häufigsten; entsteht aufgrund einer Entzündung (z.B. Zahnschmerzen)
- Schädigungsschmerz: eher selten; entsteht z.B. bei einer gerissenen Sehne oder einem Bruch
Bei Schmerzen, die 18 bis 24 Stunden nach dem Krafttraining auftreten, handelt es sich höchstwahrscheinlich um Muskelkater. Dieser ist eine Reaktion des Körpers auf eine hohe oder ungewohnte Belastung. Dabei bilden sich kleine Risse in der Muskulatur, das Gewebe geht kaputt und es kommt zu kleinen Entzündungen, die für den Schmerz verantwortlich sind. Ein starker Muskelkater ist ein Indiz, dass der Körper Zeit zum Erholen braucht. Es sollte niemals mit noch starken Schmerzen das nächste intensive Workout durchgeführt werden. Dennoch ist Muskelkater kein Indiz für ein effektives Training! Denn auch eine intensive Belastung, die ohne Muskelkater einhergeht, kann Muskelaufbau hervorrufen. Beim Sport sollte man sich zwar fordern, aber nicht überfordern. Schon gar nicht sollte Muskelkater extra provoziert werden. Schließlich handelt sich um Mikroverletzungen der Muskulatur.
Fazit: Muss Krafttraining nun immer weh tun?
„No pain, no gain“ ist nur im Hochleistungssport und nur in Ausnahmefällen ein ernstzunehmendes Motto. Natürlich muss man den Körper auch mal über eine gewisse Hürde hinaus fordern. Allerdings muss nicht jedes Krafttraining weh tun! Es ist wichtig, auf den Körper zu hören und Signale wie Schmerzen nicht zu ignorieren. Auf keinen Fall sollte man sich bei noch starkem Muskelkater schon wieder auf die Hantelbank legen. Es soll schließlich Spaß machen. Wer sich immer nur quält, wird nicht lange durchhalten.
Nur wer auf seinen Körper hört und sich genügend Regenerationszeit gönnt, wird langfristig Spaß am Training ohne Schmerzen haben.
Quellen:
Muskelkater oder Alarmsignal? Welcher Schmerz normal ist - und wann Sie zum Arzt müssen. (13.06.2019). FOCUS online. Abgerufen am 27.10.2022 unter https://www.focus.de/gesundheit/gesundleben/fitness/gesundheit-wie-sehr-darf-das-training-schmerzen_id_10816394.html
Natmessnig, H. (15.03.2019). „No pain, no gain“: Muss Training weh tun? Runtastic GmbH. Abgerufen am 27.10.2022 unter https://www.runtastic.com/blog/de/mythos-no-pain-no-gain/
Zoidl, F. (08.07.2018). Krafttraining: "Die Muskeln müssen brennen, damit sie wachsen". STANDARD Verlagsgesellschaft m.b.H. 2022. Abgerufen am 27.10.2022 unter https://www.derstandard.de/story/2000082010151/krafttraining-die-muskeln-muessen-brennen-damit-sie-wachsen